Aufnahme der Hugenotten im deutschen Refuge
Die Hugenotten (reformierte Christen) als religiöse Minderheit waren in ihrer (katholischen) französischen Heimat jahrzehntelangen Drangsalen und Verfolgungen ausgesetzt. König Ludwig XIV. von Frankreich erließ im Oktober 1685 das Edikt von Fontainebleau, das faktisch die Ausübung des protestantischen Glaubens in Frankreich untersagte.
Daraufhin verließen ca. 170.000 reformierte Christen ihre Heimat trotz des Verbots der Krone. Sie begaben sich als Glaubensflüchtlinge in das sogenannte Refuge, vor allem in die benachbarten Niederlande oder auf dem Seeweg nach England, aber auch in deutsche Territorien, bzw. in kleineren Kontingenten in die USA, nach Kanada und nach Südafrika, wo sie den Weinanbau einführten.
Aus den protestantischen Hochburgen im Süden Frankreichs flüchteten viele Familien in die Schweiz. Ungefähr 40.000 Réfugiés zogen weiter nach Schaffhausen, Basel und rheinabwärts bis Frankfurt am Main, das zur Drehscheibe des Refuge wurde. Von dort erfolgte die Weiterreise in deutsche Fürstentümer und zwar vor allem nach Brandenburg-Preußen, das ca. 20.000 Réfugiés aufnahm. In Berlin war um 1700 jeder 4. Einwohner ein französisch sprechender Flüchtling.
Knapp 4.000 Hugenotten gingen nach Kassel und gründeten im nördlichen Hessen ländliche Kolonien, andere nach Erlangen und andere Orte in Franken, nach Friedrichsdorf/Taunus, Offenbach und Neu-Isenburg ins südliche Hessen, in die Hansestädte und andere Zielgebiete.
Die deutschen Fürsten privilegierten die Réfugiés mit Steuer- und Zunftfreiheit, selbständigen französisch-reformierten Kirchengemeinden und eigener Rechtspflege.
Die Aufnahme der Flüchtlinge in ihrem Gastland wurde selten zeitgleich, häufiger historisierend, bildlich dargestellt.
Repros: Gil-René d’Heureuse. Texte: Jochen Desel